Energiequellen von morgen

Wie aus Sonne Wasserstoff wird

„Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“

Was der Schriftsteller Jules Vernes in seinem Roman „Die geheimnisvolle Insel“ [1] 1870 vorausahnte, hat heute einen Namen: Wasserstoffwirtschaft. Forscher*innen auf der ganzen Welt arbeiten derzeit an der Weiterentwicklung der vielversprechenden Technologie. Auch sie könnte künftig in Regionen mit hoher Sonnenscheindauer die Energiewende anschieben.

Wasserstoff: Sauber und kraftvoll

Die Grundidee der neuen Technologie: Sonnenenergie wird in Wasserstoff gespeichert. Wird dieser Wasserstoff als Treibstoff genutzt, verbrennt er zu unschädlichem Wasserdampf und liefert sehr viel Energie – mehr als in der gleichen Menge Benzin oder in einem ähnlich schweren Akku enthalten ist.

DIE NATUR ALS VORBILD: PHOTOSYNTHESE BEI PFLANZEN

Die Pflanzen machen es vor. Mithilfe der Photosynthese speichern sie Sonnenenergie in Kohlenhydraten. Dabei spielt der Farbstoff Chlorophyll in den Blättern der Pflanze eine wichtige Rolle: Er nimmt Sonnenlicht auf und wandelt es in chemische Energie um. Diese Energie setzen die Pflanzen ein, um aus Wasser und Kohlenstoffdioxid eine organische Verbindung aufzubauen: Traubenzucker. Den Zucker nutzen sie, um zu wachsen – und werden in der Nahrungskette zum „Brennstoff“ für Tier und Mensch.

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Die Photosynthese vollzieht sich in den Pflanzenblättern. Sie ist die Voraussetzung für die Stoff- und Energieumwandlung der Pflanze.

Vom Sonnenlicht zum Wasserstoff

Forscher*innen arbeiten weltweit daran, eine Technologie zu entwickeln, die ähnlich wie die Photosynthese funktioniert: Mit der Kraft der Sonne entsteht in einem künstlichen Blatt direkt eine energiereiche chemische Verbindung: Wasserstoff. Kommt dieser in Brennstoffzellen zum Einsatz, die zum Beispiel Elektroautos antreiben, werden keinerlei Abgase freigesetzt.

Brennstoffzellen im Aufwind?

Noch kommt die Entwicklung der neuen Technologie nicht richtig in Fahrt. Gründe sind unter anderem die derzeit noch hohen Kosten und die daraus folgende geringe Wasserstoff-Nachfrage. Die könnte sich bald ändern. Laut Recherchen des Handelsblatts[2] stellen weltweit immer mehr Unternehmen Wasserstoff her oder erzeugen mithilfe von Brennstoffzellen hieraus wieder grünen Strom. Ein neuer Kurs für die Zukunft – und eine Chance für die künstliche Photosynthese?

Gelingt der Forschung der Durchbruch, könnten Menschen in Zukunft Sonnenlicht besser nutzen als Pflanzen, sagen die Expert*innen. Der US-Chemiker und Harvard-Professor Daniel Nocera entwickelte 2011 ein Blatt für die künstliche Photosynthese und gemeinsam mit seiner Kollegin Pamela Silver 2016 einen kostengünstigen Flüssigbrennstoff. In Technology Review[3] zitiert er Microsoft-Gründer Bill Gates:

Bill Gates sagte, um unsere Energieprobleme zu lösen, müssten wir eines Tages das tun, was die Photosynthese leistet – und dass wir irgendwann vielleicht in der Lage sein würden, das noch effizienter umzusetzen als Pflanzen. Dieser Zeitpunkt ist erreicht.

Blick ins Stromlabor: der Elektrolyseur

Besonders umweltschonend gelingt die Wasserstoffproduktion, wenn erneuerbare Energiequellen genutzt werden. Die direkte Spaltung von Wasser mithilfe des Sonnenlichts etwa schafft eine photoelektrochemische Solarzelle. Wie diese funktioniert, siehst du im Futurium – und in unserer Grafik:

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Klimafreundliche Energie aus Wasserstoff

Photoelektrochemische Solarzellen sind vergleichbar mit einem künstlichen Blatt: Sie wandeln sichtbares Licht in elektrische Energie um. Die Aufgabe der Sonne übernimmt im Futurium-Modell eine LED-Lampe. Sie leuchtet und setzt auf diese Weise die Elektrolyse in Gang.

Die Elektrolyse findet im Wasser statt: Die photoelektrochemische Solarzelle am Boden des Becherglases spaltet mithilfe der Solarenergie und mit Katalysatoren Wasser in zwei Gase: Wasserstoff und Sauerstoff. In unserem Modell trennt ein Keil über der Solarzelle die beiden aufsteigenden Gasblasen mechanisch voneinander. In einem platzoptimierten Elektrolyseur kommt meist eine Membran zum Einsatz: Diese ist undurchlässig für Gase, lässt aber Ionen passieren, damit der Ladungstransport im Elektrolyten gewährleistet ist. In unserem Modell ist der Ionenleiter Wasser, angereichert mit Kaliumhydroxid.

Wird Strom benötigt, werden Wasserstoff und Sauerstoff wieder in einer Brennstoffzelle zusammengeführt. Sie reagieren miteinander – und die zuvor gespeicherte Energie wird freigesetzt: Das Flugzeug im Futurium-Modell kommt in Bewegung. Was man im Modell nicht sieht: Neben Energie entsteht bei diesem Vorgang Wasser und sonst nichts. Das Wasser, das in der Brennstoffzelle entsteht, wird über kleine Löcher in der Zelle wieder abgeführt.