Foto: Jana Grewe
Die Produktdesignerin Sofia Souidi entwickelt umweltfreundliches Baumaterial – Im Futurium ist die Platte erstmals ausgestellt
Superwood – ressourcenschonend, schön und schadstofffrei
Mitteldichte Holzfaserplatte (MDF) – das klingt technisch, nach Funktion und wenig attraktiv. Dass es auch anders geht, zeigt Sofia Souidi. Sie hat die MDF neu erfunden, sie Superwood genannt und beweist so, dass Holzverarbeitung ressourcensparender, umweltfreundlicher und auch gesundheitsfreundlich sein kann.
Foto: Jana Grewe
Denn da gibt es noch Luft nach oben, wie die Produktdesignerin erklärt: „Herkömmliche MDF-Platten werden im Möbelbau, in Fußböden und beim Innenausbau genutzt. Das hat sich bewährt.“ Das Problem an der Sache: Herkömmliche MDFs entstehen aus industriellem Kleber, der Formaldehyd enthält. Und der kann die Gesundheit schädigen. „Das Formaldehyd aus dem Klebstoff der Platten dünstet so lange aus, wie die Platte existiert und reizt die Schleimhäute.“ Außerdem verhindert das Formaldehyd ein Recycling der Platten.
Für Souidi war also klar: Sie muss am Klebstoff ansetzen. Und da bedurfte es nicht einmal einer Revolution: Milch war die Lösung. Genauer gesagt, das Casein darin, ein Abfallprodukt, das mit Kalk und weiteren Zutaten zum Casein-Leim wird, einem umweltfreundlichen, gesundheitlich unbedenklichen Stoff, den bereits die alten Ägypter zum Bau von Möbeln und Booten benutzt haben. „Die Idee war, diesen Leim auch in einem größeren industriellen Maßstab zu denken. Dafür haben wir an der ursprünglichen Rezeptur drei Jahre lang geforscht.“
Zum „wir“ gehört auch das Fraunhofer-Institut für Holzforschung. Es unterstützt die Entwicklung von Superwood. In den Braunschweiger Laboren wird der Kleber mit ganz fein gehäckseltem recyceltem Altholz ummantelt, das in seiner Konsistenz an Watte erinnert. Werden natürliche Pigmente hinzugefügt, ergibt sich später ein spannendes Farbspiel, denn für die Produktdesignerin ist es spannend, nicht nur auf Funktion, sondern auch Design Einfluss zu nehmen. „Ich will diesem bislang anonym gehandelten Wertstoff sichtbar machen“, sagt die Produktdesignerin und experimentiert immer wieder mit kleineren und größeren beigemischten Holzstücken oder fügt Textilschnipsel bei.
Dann nimmt die Superwood-Platte langsam Form an. In mehreren Schritten wird sie gepresst. Aus einem lockeren Block entsteht die Platte, deren Beschaffenheit alle überrascht hat: „Die Stabilität übertrifft die der herkömmlichen MDF-Platten“, sagt Souidi, deren Superwood-Projekt in diesem Jahr von der Ikea-Stiftung gefördert wird. Das liege an der fein marmorierten Oberfläche. „Und auch der Leim an sich ist sehr fest.“ Superwood kann deshalb auf viele Arten verwendet werden: im Design von Möbeln, in der Architektur, im Messebau oder beim Bau von Musikinstrumenten. Das Material lässt sich mit Formwerkzeugen in Form pressen und wie herkömmliches MDF fräsen, sägen, bohren und bedrucken.
Bislang haben Sofia Souidi und ihr Team Platten und dreidimensional verformte Teile hergestellt. Zu sehen ist ein Exemplar des Superwoods im Futurium. In unserem Denkraum Natur fügt sich die schwarz-blau eingefärbte Platte als ein Teil der Ausstellung ein und zeigt ganz konkret, wie Superwood aussieht und wie es sich anfühlt. Für die Produktdesignerin bietet der umweltfreundliche Leim aber noch ganz andere Möglichkeiten: „Wir könnten damit auch andere Reststoffe wie Hanf, Spargelschalen oder Flachsfasern verkleben und wiederverwenden.“