Fotos: Fara Peluso/Theresa Schubert
Artists-in-Residence bei Mind the fungi – Neue Exponate im Futurium Lab
Wunderwelt der Pilze
Wie reagieren Pilze auf Schall? Und welche neuen Biomaterialien können bei der Symbiose von Algen und Pilzen entstehen? Antworten auf diese Fragen gehen Theresa Schubert und Fara Peluso auf den Grund. Ihre Exponate sind ab 3. Juli im Futurium Lab zu sehen. Das Artists-in-Residence-Programm im Projekt Mind the Fungi bringt Kunst und Design mit aktueller biotechnologischer Forschung der TU Berlin zusammen.
Fotos: Fara Peluso/Theresa Schubert
Für die Künstlerin Theresa Schubert stellen Pilze die perfekte Grundlage für Netzwerkmetaphern dar – nicht nur ästhetisch, sondern auch als eine Philosophie der Beziehungen, des Prozesses und des Raums. Für ihr Box Experiment baute sie Boxen, die Lautsprecher und ausgewähltes Pilzmyzel aus Exkursen in den Wald enthielten. Mehrere Wochen lang beschallte sie die Pilze mit bestimmten Tonfrequenzen. Schubert war begeistert zu sehen, dass sich dies auf das Wachstum und den Stoffwechsel des Myzels auswirkte. Daraus entwickelte sie die interaktive Videoinstallation Sound for Fungi. Homage to Indeterminacy, die Pilzhyphen (fadenförmige Zellen) simuliert und über einen Handtracking-Sensor Interaktion ermöglicht. „So überraschend es auch sein mag, zuvor hat noch niemand den Einfluss von Geräuschen auf das Pilzwachstum untersucht", sagt die Künstlerin. Die Besucher*innen im Futurium können bei diesem Exponat sogar als Tonfrequenz agieren, die das Wachstum der Hyphen moduliert und Bewegung durch das Netzwerk ermöglicht.
Die Künstlerin und Designerin Fara Peluso arbeitet in den Bereichen Material Driven Design und Biokunst. Sie begreift den Menschen in einer engen Verbindung mit Natur, Organismen und biologischen Prozessen. Ihre Arbeit Niche ist eine hybride Installation einer lebenden Skulptur, die die Koexistenz zwischen Pilzen und Algen als Mikroorganismen erforscht. Peluso lässt sich von der symbiotischen Beziehung zwischen diesen Organismen in Flechten inspirieren und verbindet Natur, Biotechnologie und Kunst. Die Skulptur Zweisamkeit kombiniert eine Topographie aus Eichenholz mit mehreren Schichten von Biofilm, was sie als eine Form der Metamorphose begreift. „Meine Arbeit soll kritische Fragen bezüglich der aktuellen Beziehung von Mensch und Natur aufwerfen und zugleich neue Möglichkeiten der Verbindung mit lebendigen Organismen aufzeigen", erklärt Peluso. Sie reflektiert dazu die Entwicklung der Landschaft durch den Menschen. Der Schwerpunkt liegt dabei darauf, wie wir unsere natürliche Umgebung definiert und geformt haben, aber gleichzeitig von biologischen Kräften in der Umwelt geprägt werden.
Neben den Arbeiten von Schubert und Peluso stellt die von Regine Rapp und Christian de Lutz (Art Laboratory Berlin) kuratierte Ausstellung auch neue Ergebnisse aus den Laboratorien des Instituts für Biotechnologie der TU Berlin vor. Vom Fachgebiet für Angewandte und Molekulare Mikrobiologie ist zum Beispiel ein Prototyp eines Fahrradhelms aus Pilzkomposit von Bastian Schubert zu sehen. Vom Fachgebiet für Bioverfahrenstechnik sind in Symbiose lebende Organismen in Flechten zu studieren. Schließlich stellt eine Filmdokumentation das interdisziplinäre Projekt Mind the Fungi und das Team vor.
Mind the Fungi
Mind the Fungi (2018 – 20) ist eine Kooperation zwischen dem Institut für Biotechnologie der TU Berlin und Art Laboratory Berlin. Mikrobiolog_innen und Bioprozesstechniker_innen erforschen lokale Baumpilze und Flechten. Im Zentrum steht die Entwicklung neuer Ideen und Technologien für pilz- und flechtenbasierte Materialien der Zukunft: Biomaterialien aus Pilzen können nachhaltige Alternativen für Bau- und Verpackungsmaterialien darstellen und sogar Leder ersetzen. Flechten produzieren ebenfalls wertvolle Werkstoffe, in der Natur wachsen sie jedoch nur sehr langsam. Art Laboratory Berlin mit Regine Rapp und Christian de Lutz stellt mit verschiedenen Citizen Science-Formaten und zwei Ausstellungen im Futurium die Brücke zwischen Wissenschaft, Kunst, Design und Öffentlichkeit her. Die Arbeiten von Schubert und Peluso sind das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit mit beiden Fachgebieten – der Angewandten und Molekularen Mikrobiologie von Prof. Vera Meyer und der Bioverfahrenstechnik von Prof. Peter Neubauer – und wurden von Art Laboratory Berlin betreut.