Foto: Dana Vollenweider/Unsplash
Wenn eine Reparatur sich lohnt
Schraube locker?
Die Waschmaschine ist kaputt? Ab zum Sperrmüll. Und das veraltete Notebook? Wird durch ein modernes Gerät ersetzt. Viele Dinge unseres Alltags werfen wir nach kurzer Zeit weg. Statt neue Produkte um die halbe Welt zu verschicken, liegt eine Lösung vor der Haustür: Reparieren. Wann lohnt es sich zum Werkzeugkasten zu greifen? Welchen Effekt hat das Instandsetzen für die Ökobilanz?
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Status Quo: Wie oft wird repariert?
Eine Studie der UN[1] zeigt, dass die technische Lebensdauer einer Waschmaschine etwa 13 Jahre bemisst. Wartet man sie ab der Hälfte ihrer durchschnittlichen Nutzungsdauer, lässt sich ihre Funktionsfähigkeit um sechs Jahre verlängern. Ein selten angenommenes Angebot: Nur drei Prozent der Waschmaschinen werden tatsächlich saniert und weiterverwendet. Notebooks werden sehr häufig vor dem Ende ihrer Lebenszeit ausgetauscht, doch nur ein Viertel davon ist tatsächlich defekt. Von den entsorgten Haushaltsgeräten ist etwa noch ein Drittel funktionstüchtig.
Was bringt eine Reparatur?
Wie viele Ressourcen durch Reparaturen eingespart werden können, zeigt das Rechenbeispiel eines Digitaldruckers: Von der Beschaffung des Rohmaterials bis zur Fertigstellung ist ein beachtlicher Energieaufwand nötig. Für einen 900 Kilogramm schweren Digitaldrucker werden 96.000 Megajoules pro Kilogramm verbraucht und 12.000 Kilogramm CO2 ausgestoßen. Zum Vergleich: Gerade einmal 260 Megajoules pro Kilogramm und 36 Kilogramm CO2-Emissionen fallen durchschnittlich bei der Reparatur desselben Geräts an. Für einen neuen Digitaldrucker werden rund 980 Kilogramm Stahl benötigt, für Reparaturteile im Schnitt nur ein Kilogramm.[2]
Egal ob repariert, modernisiert oder wiederverwertet – der Energieverbrauch, die Materialkosten und CO2-Emissionen betragen weniger als zehn Prozent im Vergleich zu einem Neuprodukt. Auch aus finanzieller Sicht lohnt sich der Griff zu Schraubenzieher und Co: Etwa 80 Prozent des Neupreises spart jede*r Konsument*in, wenn er ein Produkt zur Reparatur bringt oder erneuern lässt. Auch die persönliche Umweltbilanz gewinnt: Bis zu 90 Prozent Abfall werden durch Reparaturen eingespart.
Ein zweites Leben für Alltagsgegenstände
Um das aus der Mode gekommene Reparieren stärker zu fördern, zeigen bereits heute viele Initiativen neue Wege auf. In Deutschland gibt es 1000 offene Werkstätten, 600 Repair-Cafés und 50 FabLabs (kleine Hightech-Werkstätten) - Orte, an denen defekte Alltagsgegenstände ein neues Leben erhalten. Wer im Umgang mit Schraubenschlüssel und 3D-Drucker noch nicht geübt ist, kann es dort von anderen Nutzer*innen oder in Workshops lernen. Expert*innen unterstützen ehrenamtlich bei der Reparatur und geben Tipps zum Selbermachen.
Wie das Reparieren auch den Handel erreicht, zeigt ein Beispiel aus der belgischen Region Flandern. Dort hat sich das Qualitätssiegel „REVISIE“ durchgesetzt. Es zeichnet erfolgreich reparierte oder sanierte Elektrogeräte aus. Die Ware wurde zuvor in Recyclingcentern als „Müll“ abgegeben. Die flandrische Secondhand-Handelskette De Kringwinkel vertreibt die Geräte und arbeitet deshalb eng mit der regionalen Abfallwirtschaft zusammen. 2015 wurden in 31 Re-Use-Centern der Elektro-Müll repariert, gereinigt und wieder in den Warenumlauf gebracht. Rund 250 Menschen arbeiten in dem Sektor, 128 Geschäfte vertreiben die wiederaufbereiteten Geräte.
Was muss passieren?
Die Beispiele zeigen, dass bereits neue Ansätze zur Förderung von Reparaturen erprobt werden. Doch die Forscher*innen der Vereinten Nationen machen in ihrer Studie auch deutlich, dass sich in unserer Gesellschaft noch viel ändern muss, ehe das Reparieren von Dingen zur Normalität wird. Dabei sind alle gefragt: Politiker*innen müssen wichtige Regularien auf den Weg bringen, um die Infrastrukturen für das Reparieren und reparierte Güter im Handel zu begünstigen.
Die Industrie ist gefragt, sich auf veränderte Spielregeln einzulassen und ihre Produkte so zu produzieren, dass die Konsument*innen selbst, mindestens aber professionelle Reparateure, defekte Geräte wieder zum Laufen bringen können. Schließlich stehen die Verbraucher*innen vor der Frage, ob sie ein Produkt wirklich bis zum Ende nutzen oder vorher ersetzen wollen, etwa weil sich ihr Geschmack oder ihre Ansprüche geändert haben - oder doch selbst zum Werkzeugkasten greifen oder in die Reparaturwerkstatt gehen.
[1] United Nations Environment Programme (2018), Redefining Value, The Manufacturing Revolution.
[2] Ebd. S. 74 ff.