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Foto: http://www.troposplatform.eu/Deliverables-Media/Scientific-Publications

Denkraum Natur

Reif für die Offshore-Insel

Was wäre, wenn es mitten auf dem Meer Inseln gäbe, auf denen Windräder neben Palmen in den Himmel ragen? Dort, wo Ozeanriesen wie Wale oder Frachtschiffe ihre Bahnen ziehen. Wo das Wasser kilometertief ist – und die Küste meilenweit entfernt. Eine Gedankenreise in die (mögliche) Zukunft.

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Sommer 2050. Der dritte Tag auf hoher See. Das Ziel unserer Schiffsreise: eine künstliche Inselwelt, weit draußen auf dem Meer. Wie eine grüne Oase taucht sie plötzlich am Horizont auf. Keine Fata Morgana in der blauen Wüste, sondern ein wichtiger Stromlieferant für die ferne Küstenregion: Die weißen Windräder blinken in der Sonne. Mindestens ein Dutzend von ihnen weist uns den Weg.

Was wir aus der Ferne nur erahnen können, wird bei unserer Ankunft Gewissheit: Unser Inselhopping ist eigentlich Plattform-Hopping. Drei künstliche Inseln stehen zur Auswahl. Das Schild "Fuel and Check" - Auftanken und Checken – schickt uns zu Insel Nummer eins.

Wir gehen vor Anker. Bis morgen wollen wir Offshore-Insulaner bleiben, uns von Kombüsenkost und Wellengeschaukel erholen. Kaum zu glauben: Auch unsere – gut vertäute! – Urlaubsinsel schwimmt. Aber davon merken wir nichts. Und sie ist erstaunlich grün. Mit Dattelhain direkt am Hafen!

Wasserstoff im Schiffstank

Unser Skipper tankt unser Schiff auf für die Weiterfahrt. Natürlich fahren wir mit grünem Strom – so wie alle Boote, die im Hafenbecken auf neuen Treibstoff warten. Wir sind mit Wasserstoff unterwegs, der aus Windenergie und Wasser direkt vor Ort gewonnen wird. Von beidem gibt es hier mehr als genug.

Neben uns legt ein Frachtschiff an. Techniker der nahen Werft gehen an Bord. Während sie das Schiff durchchecken, bringt ein Roboter einen Teil der Ladung direkt in die nahe Lagerhalle. Die anderen Container werden auf einem der vielen Schiffe, die hier Station machen, weiterreisen Richtung Festland.

Obst und Gemüse unter der Solarkuppel

Mit vollem Tank geht es für uns wieder los. Auf zur zweiten Plattform im Ozean! Nach zehn Schiffsminuten legen wir an. Wir sind neugierig, haben eine Inseltour gebucht. Am Hafengebäude erwartet uns ein Auto. Die Türen öffnen sich automatisch. Wir steigen ein. Per Monitor begrüßt uns unser virtueller Führer.

Dass der Wagen ohne Fahrer und mit Solarzellen auf dem Dach unterwegs ist? Für uns nichts Besonderes. Wir brausen durch Windparks, vorbei an riesigen Kuppeln aus Solarkollektoren. Hier also wächst das Obst und Gemüse, das wir später im Hotelrestaurant serviert bekommen.

Wer will, probiert dazu frischen Fisch von der Insel, sagt unser Guide: Kabeljau aus Offshore-Kultur. Wie die Fischzucht auf hoher See genau funktioniert, erfahren wir in der Insel-Fischerei. Durch den gläsernen Boden im Fischereigebäude starren wir auf das glitzernde Gewimmel in den Käfigen, die unter der schwimmenden Insel in der Strömung schwanken.

An den Käfiggittern entdecken wir Muscheln und Seetang. Auch die landen auf dem Teller, erklären uns die Mitarbeiter. Was nicht im Insel-Restaurant aufgetischt wird, kommt aufs Festland. Oder wird als eine weitere natürliche Energiequelle auf den Offshore-Inseln genutzt: Kleinere Algen verwandelt die nahe Biogasanlage in sauberen Treibstoff.

Reise zu den Fischen

Die blutrote Sonne taucht ins glatte Meer. Auch nach vielen Tagen auf See kein Anblick, der uns kalt lässt. Für uns geht es jetzt zur dritten und letzten Insel des künstlichen Archipels. Während wir Kurs auf "Leisure Island" – die „Freizeit-Insel" – nehmen, segeln über uns die Möwen im schwindenden Licht. Unter uns der anthrazitfarbene Ozean. Irgendwo tief am Meeresboden sollen die Kugelspeicher der Offshore-Insel liegen, hat unser virtueller Führer erzählt.

Abtauchen zu den Speichern? Zu weit. Aber eine Reise zu den Fischen sei auf „Leisure Island" möglich, hieß es. Und tatsächlich: Direkt neben unserem Insel-Hotel, das direkt am Hafen liegt, gibt es eine Tauchstation. Was sonst noch los ist auf der Insel, wollen wir vom Hotelmanager wissen. Golfen, Shoppen, Baden im künstlichen See. Eigentlich ist hier alles um die Ecke. Und schwimmt. Mitten auf dem Ozean. Wir kommen wieder.

Weiterlesen

Bergström, L. et al. (2014): Effects of offshore wind farms on marine wildlife — a generalized impact assessment. Environmental Research Letters, 9(3), 034012 [1]

https://windeurope.org/wp-content/uploads/files/about-wind/reports/Floating-offshore-statement.pdf

WBGU (2013): Welt im Wandel: Menschheitserbe Meer. Berlin: Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU)[2]

Zum Forschungsprojekt Tropos: http://www.troposplatform.eu/