In einem Labor werdden Pflanzensetzlinge mit Maschinen vermessen

Das System simuliert verschiedene Umweltfaktoren wie Feuchtigkeit, Temperatur, CO2-Konzentration und Lichtverhältnisse und ist in der Lage, diese exakt zu steuern. Foto: Fraunhofer IIS / Paul Pulkert

Wie smarte Technik hilft, robuste Pflanzensorten für die Zukunft zu züchten

Mit Hightech gegen den Klimastress

Die moderne Pflanzenforschung nutzt heute Hightech-Methoden, um neue, robuste Sorten zu entwickeln, die besser mit Klimaveränderungen wie Hitze, Trockenheit oder Nährstoffmangel zurechtkommen. Dabei kommt es darauf an, genau zu verstehen, wie eine Pflanze auf ihre Umgebung reagiert – also wie sie wächst, wie ihre Wurzeln aussehen oder wie gut sie Stress aushält.

In einem Labor werdden Pflanzensetzlinge mit Maschinen vermessen

Das System simuliert verschiedene Umweltfaktoren wie Feuchtigkeit, Temperatur, CO2-Konzentration und Lichtverhältnisse und ist in der Lage, diese exakt zu steuern. Foto: Fraunhofer IIS / Paul Pulkert

Fachleute sprechen hier von „Phänotypisierung“. Das bedeutet: Sie beobachten und messen systematisch, was die Pflanze unter bestimmten Bedingungen zeigt – wie sich ihre Erbanlagen in der Realität ausdrücken. „Der Phänotyp zeigt, wie sich die Gene einer Pflanze unter bestimmten Klimabedingungen tatsächlich bemerkbar machen“, erklärt der Physiker Dr. Stefan Gerth, der am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS (Fraunhofer IIS) zur Phänotypisierung von Pflanzen forscht.

Der Physiker Dr. Stefan Gerth forscht am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS (Fraunhofer IIS) zur Phänotypisierung von Pflanzen.

Foto: Fraunhofer IIS / Paul Pulkert

Früher wurde das meist per Augenmaß beurteilt, zum Beispiel mit einer Schulnote von eins bis fünf. Heute geht das viel genauer: Forscher*innen wie Gerth nutzen dafür modernste Technik. Röntgenverfahren analysieren das Wurzel- und Knollenwachstum unter der Erde, 2D- und 3D-Bildgebung erfassen oberirdische Merkmale, multispektrale Kameras messen Blattgesundheit und Wassergehalt, Laser-Lichtschnittsysteme schaffen exakte 3D-Oberflächenmodelle.

Damit lässt sich nicht nur die sichtbare Pflanze über der Erde analysieren, sondern auch, was unter der Erde passiert, etwa bei den Wurzeln oder Knollen. „Wir wollen weg von subjektiven Einschätzungen und hin zu objektivierten Merkmalen“, sagt Gerth. „Etwa: Wie stark wächst eine Pflanze in einem bestimmten Zeitraum? Wie reguliert sie ihr Knollenvolumen unter Trockenstress? Das können wir jetzt sichtbar machen.“

Zeit sparen durch zuverlässige Daten

Am Standort des Fraunhofer-IIS, dem Technologiezentrum Phänotypisierung, im bayerischen Merkendorf gibt es dafür eine besondere Forschungsanlage namens SEPP. Dort wachsen bis zu 400 Pflanzen gleichzeitig – in speziellen Kammern, in denen man gezielt Trockenheit, Hitze oder Lichtmangel erzeugen kann. Verschiedene Sensoren und Kameras liefern dann genaue Daten: Wie schnell wächst die Pflanze? Wie verändert sich das Wurzelwerk bei Trockenheit? Wie gesund sind die Blätter?

Diese Informationen helfen Züchter*innen dabei, schon früh zu erkennen, welche Pflanzen sich besonders gut an schwierige Bedingungen anpassen. Dadurch können sie schneller entscheiden, welche Sorten weitergezüchtet und im Freiland getestet werden sollen. Wir sparen Zeit, weil wir schon mit wenigen Pflanzen zuverlässige Daten generieren können“, sagt Gerth. „Dieses Vorgehen spart Zeit, weil Kandidaten für reale Feldversuche so auf Basis objektivierter Informationen gezielt ausgesucht werden können.“

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Mit dem »SEPP«-System sind die Forschenden in der Lage, bis zu 400 Pflanzen gleichzeitig unter optimalen und kontrollierbaren Bedingungen zu kultivieren.

Foto: Fraunhofer IIS / Paul Pulkert

Wichtig ist Stefan Gerth: Die Technik ersetzt nicht den Menschen. Sie liefert nur die Daten. „Was daraus gemacht wird, entscheiden weiterhin die Fachleute. Sie wissen, welche Merkmale in der Praxis wirklich zählen.“

Damit solche Projekte gelingen, müssen viele Fachrichtungen eng zusammenarbeiten – von Biologie über Maschinenbau bis zur Informatik. „Das ist manchmal nicht einfach, denn jede Disziplin hat ihre eigene Denkweise. Da muss man erst einmal eine gemeinsame Sprache finden“, sagt Gerth. Hinzu kommen rechtliche Hürden, etwa durch neue EU-Vorgaben. Gerade deshalb ist es wichtig, offene und vielseitige Forschungssysteme wie SEPP aufzubauen, damit alle – große wie kleine Zuchtbetriebe – von den technologischen Fortschritten profitieren können.

Autor*in

Ludmilla Ostermann