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Grafik: dmitrymoi/Adobe Stock

Wie das Konzept Mobility as a Service die Zukunft der Mobilität verändern will

Fortbewegung nach MaaS

Kennst du das? Du willst von A nach B und benötigst dafür drei verschiedene Verkehrsmittel: ÖPNV, Elektroroller, Carsharing. Jede Fahrt planst, buchst und rechnest du einzeln ab. Das ist umständlich. Doch stell dir vor, es gibt eine Anwendung, die alle Transportmöglichkeiten bündelt und buchbar macht. Deine Fahrt wird zu einer flüssigen, integrierten Erfahrung, maßgeschneidert für dich – Dank MaaS.

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MaaS, das steht für Mobility as a Service. Das Konzept integriert verschiedene Mobilitätsdienstleistungen wie ÖPNV, Carsharing, Bikesharing, E-Roller, Taxi und auch Flugverkehr in einem einzigen digitalen Mobilitätsangebot – einer Plattform – und leistet somit einen Beitrag zur Verkehrswende. Derzeit bietet die App Whim für sieben Regionen weltweit diesen Service an. In Berlin haben die Berliner Verkehrsbetriebe gemeinsam mit vielen Partnern die Jelbi-App geschaffen.

Wie kann das Prinzip von MaaS konkret aussehen?

Klickt auf die vier Punkte!

In dem Seminar Open MaaS L.A.B.S. @Futurium – Mobilität offen und gesellschaftsrelevant entwickeln haben Student*innen der FH Potsdam unter der Leitung von Prof. Dr. Antje Michel gemeinsam mit Rosalina Babourkova und Jasmin Minges vom Futurium über Mobilität als Service nachgedacht. Laien sollte das MaaS-Prinzip so einfach und eingängig wie möglich erklärt werden. Die Student*innen entschieden sich für einen visuellen Ansatz in Form eines Entscheidungsspiels – ganz im Stile des interaktiven Erzählstils der Futurium-Ausstellung. Entstanden sind gleich drei Alltags-Geschichten im Comicformat.

Die Idee: Besucher*innen sollten über eine Anwendung auf einem Tablet mit den Protagonisten Emilia, Luca und Mina auf die Reise gehen, Entscheidungen darüber treffen, wie die drei sich fortbewegen und so ganz nebenbei erfahren, wie MaaS funktioniert. „Wir haben von den Student*innen spannende Impulse erhalten, die uns bei der Weiterentwicklung der Ausstellung zum Thema Mobilität geholfen haben. Besonders die Einbettung des Konzepts in Alltagsgeschichten von jungen Menschen fanden wir bereichernd“, sagt Jasmin Minges über die Kooperation.


Hier zeigen wir euch stellvertretend einen der Comics: Geht mit Emilia und ihren Freund*innen auf die Reise...

...klickt euch durch die MaaS-Geschichte!

Professorin Antje Michel und Christian Berkes von der FH Potsdam sind MaaS-Expert*innen. Sie bilden das Projektteam der FH Potsdam im großen Konsortialprojekt MaaS L.A.B.S. (2019-2023, Förderung durch das BMBF). Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, Potsdam und Cottbus für die Verkehrswende mit innovativen, digital verknüpften Mobilitätsangeboten fit zu machen. Dazu werden die Städte für drei Jahre zu lebendigen Laboren, in denen Software, neue Transportsysteme und Anreizstrukturen zur Verhaltensänderung in Richtung klimagerechterer Mobilität getestet werden.

Studie: Digitale Spuren Potsdam

So etwa bei der Studie Digitale Spuren Potsdam, einer Untersuchung der FH Potsdam, der Universität Siegen und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), bei dem mithilfe der DLR Moving Lab-App in einem Mixed-Methods-Ansatz Mobilitätsverhalten von Potsdamer*innen erhoben wurden. 29 Tage lang wurden 32 Teilnehmer*innen digital begleitet – auf insgesamt 495 Wegen mit 2034 Etappen. Sie benutzten insgesamt sechs unterschiedliche Fortbewegungsmittel, darunter ÖPNV, Fahrrad, Auto oder Fähre.

Obwohl die Daten nicht repräsentativ für Potsdam sind, lieferte die Studie interessante Einblicke: „Wenngleich das Auto mit 31 Prozent und damit einem Drittel der Fahrten ein präsentes Verkehrsmittel ist, gibt über die Hälfte der Teilnehmenden an, dass das eigene Auto für sie ein Luxusgut sei, das sie nicht unbedingt bräuchten, und dass Fahrrad oder Fußweg als Alternative in Frage kämen“, sagt Antje Michel. Daraus lasse sich ableiten, dass das Auto auch für kurze Wege eingesetzt wird. „Das ist ein guter Ansatzpunkt für die Tiefenerschließung von Wohnquartieren durch klimafreundliche Mobilitätsangebote, wie den ÖPNV sowie durch eine gute Infrastruktur für Rad- und Fußwege“, ergänzt Christian Berkes, Akademischer Mitarbeiter im Projekt MaaS L.A.B.S.

Spannend auch der Einsatz von Reiseinformationssystemen: Während auf den bekannten Wegen (wenn überhaupt) lokalspezifische Informationssysteme, wie zum Beispiel die VBB-App) genutzt wurden, griffen die Teilnehmer*innen auf für sie neue Reiserouten häufiger auf globale Informationssysteme wie etwa Google Maps zurück, zeitlich zumeist weniger als 30 Minuten vor der Fahrt. Michel: „Dies lässt den Schluss zu, dass lokalspezifisch partizipativ entwickelte Reiseinformations- und Buchungssysteme – zum Beispiel MaaS-Services – durchaus valide Use Cases haben.“ Jedoch sollten sich die Entwickler*innen dieser Apps sehr gut überlegen, welche Features sie anbieten wollen; wo also eine Lücke im Angebot ist, die globale Informationssysteme nicht bieten. „Unsere Antwort darauf, an der wir gerade intensiv arbeiten, ist die, den Lokalbezug von über die App verfügbaren Angeboten deutlich zu machen und in den Vordergrund zu stellen.“

Open MaaS für alle

„MaaS hat den Laborstatus bereits verlassen“, sagt Christian Berkes. „Es wird erwartet, dass der globale MaaS-Markt in den kommenden Jahren große Zuwächse verzeichnet.“ Jedoch werde es nicht ein einziges, flächendeckendes MaaS-Konzept für ganz Deutschland geben, fährt Christian Berkes fort: „Zumindest bleibt das zu hoffen, da es nicht sinnvoll wäre aufgrund der unterschiedlichen lokalen Voraussetzungen und weil wir uns nicht von einzelnen IT-Anbieter*innen abhängig machen sollten.“

Doch auch für ländlich geprägte Gebiete sind MaaS-Konzepte denkbar und werden bereits erprobt. Ausgegangen wird dabei immer von einem soliden Angebot des öffentlichen Verkehrs. Dies muss vorab analysiert werden. „Nehmen wir als Beispiel den Landkreis Teltow-Fläming“, erklärt Michel. Auf dem Gebiet verlaufen von Berlin Richtung Süden zwei parallele Regionalbahnlinien. Dazwischen werden seit 2006 neue öffentliche Mobilitätsangebote als Quererschließung angesiedelt. Dieses Rufbus-Angebot wird stets erweitert. Hinzu kommen erste Bikesharing-, E-Bikesharing- oder Ansätze für Carsharing-Angebote. „Noch existiert hier kein MaaS-Angebot, sondern es gibt mehrere Apps für diese Angebote, aber das hat absolut Potenzial“, weiß Michel.

Die Professorin für Informationsdidaktik und Wissenstransfer betont, dass MaaS alleine kein Beitrag zum Klimaschutz ist: „Vielmehr braucht die Einführung eines MaaS-Angebots eine klare, klimaorientierte Zielstellung, durch die sichergestellt werden kann, dass Anreizsysteme wie etwa Rabatte keine kontraproduktiven Folgen haben und Menschen lieber Carsharing als den Rufbus nutzen.“

Autor*in

Ludmilla Ostermann