Ein Fahrrad gebastelt aus Pappe steht auf einem Podest. Menschen betrachten es.

Das FaSo – ein Fahrrad mit Solarbetrieb. Foto: Jan Windszus

Halbzeit auf der Tour des Mobilen Futuriums

Ein Jahr voller Zukunftsvisionen

Es gibt nicht die eine Zukunft. Es gibt mögliche Zukünfte – und junge Menschen beeinflussen, welche Zukunftsvisionen tatsächlich Wirklichkeit werden. Mit dieser Botschaft ist das Mobile Futurium seit einem Jahr in ganz Deutschland in ländlichen Räumen unterwegs.

Ein Fahrrad gebastelt aus Pappe steht auf einem Podest. Menschen betrachten es.

Das FaSo – ein Fahrrad mit Solarbetrieb. Foto: Jan Windszus

Woche für Woche bereisen sechs Zukunfts-Mentor*innen eine andere Kleinstadt, parken dort das grellbunte Zukunftsmobil auf dem Schulhof und moderieren Schüler*innen der Klassen fünf bis zehn durch mehrstündige Workshops. Inhaltlich geht es um Demokratie, Mobilität, Energie, Arbeit, Gesundheit und Ernährung, immer jedoch steht Aktivität an erster Stelle: Mal werden 3D-Welten am Computer erschaffen, mal werden kleine kugelförmige Roboter durch Parcours gelotst und mal gilt es, mit Hilfe selbst gebauter Sensoren Umwelt-Daten einzuholen. Zukunft passiert eben nicht einfach so – sondern wir gestalten sie mit.

Wir kannten das Futurium bisher nur von Fotos

Jamie, Siebtklässler aus Olpe-Drolshagen

40 Schulen bundesweit wurden bisher vom Mobilen Futurium besucht – von den neuen Bundesländern ging es nach Niedersachsen, NRW und jetzt nach Norddeutschland an die Küste. Zur Halbzeit der Tour gab es ein Highlight: Einige Schulklassen reisten zum Gegenbesuch nach Berlin. Im Juni das große Finale: ein gemeinsamer Tag im Futurium mit Rallye, Workshops und vielen Aha-Momenten. „Wir kannten das Futurium bisher nur von Fotos“, sagte Jamie aus der siebten Klasse der Sekundarschule Olpe-Drolshagen. „Vormittags hatten wir nun eine Museums-Rallye und haben im Schnelldurchlauf die verschiedenen Bereiche zu Mensch, Natur und Technik kennengelernt, das war sehr beeindruckend.“ Auch die beiden Neuntklässler Matts und Theo fanden sofort Gefallen an der Dauerausstellung. Ihr Interesse gilt genau wie schon beim mobilen Angebot der Schnittstelle zwischen Natur und Technik: Wie kann es gelingen, dass die Umwelt nicht durch Maschinen zerstört wird sondern im Gegenteil beides voneinander profitiert?

Roboter, die sich um unsere Pflanzen kümmern

Solchen Fragestellungen konnten die Schüler*innen in einem von drei Workshops nachgehen. Unter Anleitung der erfahrenen Mentor*innen vom Futurium gestalteten sie entweder eine Zeitungsseite aus dem Jahr 2050, bauten ein Objekt aus der Zukunft oder drehten ein Spotlight-Video. Auf diese Weise enstanden beispielsweise ein FaSo – ein Fahrrad mit Solarbetrieb – oder Paketdrohnen, die aussehen wie fliegende Quallen. Matts und Theo designten gemeinsam mit anderen Jugendlichen ANTON, den Autonomen Naturpflege Technologie Optimierungs Navigator. Genauso stolz wie auf die Abkürzung war die Gruppe auf ihr Konzept: Ein Roboter erkennt den Zustand von Zimmerpflanzen, Gärten oder Vegetation im öffentlichen Raum und sorgt dafür, dass alles Grün unter optimalen Bedingungen wachsen und gedeihen kann, auch wenn sich gerade kein Mensch darum kümmern kann.

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ANTON ist ein Roboter, der sich um Zimmerpflanzen kümmert.

Foto: Jan Windszus

Innerhalb von nur zwei Stunden entwickelten die Schüler*innen Ideen, Konzepte und Prototypen, die sie dann beim Gallery Walk im Lab des Futuriums vorstellten. Dass Teenager in so kurzer Zeit eine Herausforderung identifizieren und direkt gemeinsam eine Problemlösung entwickeln, ist nicht selbstverständlich. Während die Kids im Workshop tüftelten, reflektierten die Lehrkräfte darüber, welche Zukunftskompetenzen junge Menschen brauchen – die sogenannten „Future Literacies“. „Aus meiner Sicht geht es bei zukunftsbezogener Bildung um mehr als die Jugendlichen, fit für die Arbeitswelt von morgen zu machen‘“, erläuterte Marius Albiez von ITAS, der das Projekt wissenschaftlich begleitet und einen Teil der Lehrkräftefortbildung moderierte. Von den Lehrkräften wollte er wissen, welche Zukunftskompetenzen sie für besonders wichtig erachten und was ihnen sonst noch am Herzen liegt.

Hard Skills werden zunehmend relevanter

Die Antwort: Hard Skills, also Fähigkeiten wie Programmieren oder der reflektierte Umgang mit Künstlicher Intelligenz, werden zunehmend relevanter. „Es ist klasse, dass das Mobile Futurium direkt an die Schulen kommt, um dieses Wissen den Jugendlichen beizubringen“, sagte Sabine Schmidtseifer-Sürig, Schulleiterin vom Gymnasium in Holthausen. „Fast noch wichtiger ist aber, dass Teamfähigkeit vermittelt wird, Kreativität und kritisches Denken.“ In dieser Ansicht stimmte sie mit so ziemlich allen anwesenden Lehrkräften überein, ebenso wie an der Kritik am Lehrplan. Denn da blieben kaum Freiräume zur Projektarbeit.

„Toll wäre, wenn das Mobile Futurium sich als Angebot verstetigen würde“, so die Schulleiterin. „Wir wären mit unserer Schule gerne regelmäßig Station auf der Tour, dann könnten wir evaluieren, was in den letzten zwölf Monaten passiert ist, und darauf aufbauend Angebote für die nächsten Klassen entwickeln.“ Denn so ergiebig der Ausflug nach Berlin für alle teilnehmenden Schüler*innen und Lehrkräfte auch gewesen sein mag: Langfristig niedrigschwelliger und damit nachhaltiger ist es auf jeden Fall, die Formate dahin zu bringen, wo die Jugendlichen sind. Und das sind eben auch die Kleinstädte und ländlichen Regionen am äußersten Ende der Republik.

Gastautor*in

Michael Metzger