In den Futurium-Workshops kommen die 4 Ks zum Einsatz.

Welche Kompetenzen Lernende im 21. Jahrhundert brauchen

4 K – mehr als Wissen

Kollaboration, Kommunikation, kritisches Denken und Kreativität: Diese Kompetenzen verbergen sich hinter dem 4K-Modell des Lernens. Jene Fähigkeiten, die eng verbunden sind mit der Digital Literacy (Digitale Kompetenz), gilt es laut Partnership for 21st Century Learning (P21) zu fördern, um Schüler*innen für die Herausforderungen von morgen zu wappnen.

In den Futurium-Workshops kommen die 4 Ks zum Einsatz.


„Es sind mehr als bloße Buzzwords“, sagt Christian Engelbrecht, Referent für Bildung im Futurium. „Keines ist weniger wichtig als das andere. Sie bedingen sich gegenseitig.“ Das Modell der 4K ist nicht neu: Seine Anfänge liegen bereits in den 1980er Jahren in den USA; durch Andreas Schleicher (OECD) wurde es in Deutschland bekannter.

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„Denken war eher etwas, was einem widerfuhr“

Die Bildungsforscherin Lisa Rosa beschreibt in einem Blogbeitrag ihre persönliche Erfahrung, dass sie nach dem Abitur die Fähigkeit des kritischen Denkens vermisste: „Denken war eher etwas, was einem widerfuhr, als etwas selbst kontrolliert Geführtes.“ Dabei sei dieses essentiell, „um die komplizierten Probleme – meiner Meinung nach vor allem gesellschaftlicher Art – lösen zu können“. Sie fordert: „Mehr Menschen als bisher, möglichst alle, müssen kritisch denken lernen.“ [1] Rosa nennt drei Gründe, warum das Modell im 21. Jahrhundert als Orientierungspunkt für den Unterricht gelten sollte:

  • Immer mehr Arbeiten werden von Maschinen übernommen.
  • Jede neue Arbeit verlangt mehr komplexes Denken, situierte selbstverantwortliche Entscheidungen und Beziehungsfähigkeit.
  • Die zu lösenden gesellschaftlichen Probleme sind so komplex, dass sie nur noch mit kollektiver Intelligenz bearbeitbar sind. [2]

Kritisches Denken ist eine Haltung, die darin besteht, ernsthaft herausfinden zu wollen, wie etwas ist, wie es geworden ist und wie es verändert werden könnte.

Lisa Rosa

Das 4K-Modell basiert also auf einem kulturellen Wandel. Bereits im Laufe des 20. Jahrhunderts sind viele Jobs aufgrund von ­Technologisierung­­ verschwunden, andere neu hinzugekommen. Dieser Wandel hat sich im 21. Jahrhundert weiter beschleunigt. Also lohnt sich der ständige Fokus auf Fähigkeiten, die Arbeiter*innen in Zukunft benötigen werden. „Die 4K stellen den Versuch dar, Schule und Lernen unter den Bedingungen von Digitalität, also der Verbindung von Mensch und Technik, zu denken. Es geht um Kompetenzen, mit denen Schüler*innen auf die Herausforderungen unserer Zeit reagieren können“, sagt Engelbrecht.

Wie kann nachhaltiges Lernen aussehen?

Christian Engelbrecht ist Referent für Bildung im Futurium.

„Zu meiner Schulzeit hat sich Lernen – wie für viele andere auch – häufig als Anhäufung von Wissen vor Prüfungen dargestellt. Auf lange Sicht funktioniert das aber nicht. Auf die Frage, wie nachhaltiges Lernen aussehen könnte, liefern die 4K zumindest eine erste Antwort.“ Konkret zeige sich der Erfolg des Modells, wenn Schulen Projektwochen machten. „Es wird selbst entworfen, getüftelt und gebaut, um einfache wie komplexe Vorgänge zu verstehen. Durch das Machen findet gleichzeitig eine tiefere Auseinandersetzung mit den Themen und Inhalten auf kognitiver Ebene statt, die auch länger nachwirkt.“

Auch das Futurium bezieht sich in ihren Workshopangeboten gemeinsam mit den Jungen Tüftlern und dem Education Innovation Lab auf die 4K. Wenn Teilnehmer*innen in einem Workshop zum Beispiel ihr Werkzeug der Zukunft erfinden, arbeiten sie gemeinsam (Kollaboration), beraten sich (Kommunikation), basteln Prototypen aus Alltagsgegenständen (Kreativität) und überlegen, welche Auswirkungen ihr Objekt auf die zukünftige Gesellschaft haben könnte (kritisches Denken). „Für viele Schüler*innen ist es wichtig, dass sie selbst aktiv werden“, sagt Engelbrecht. „Es geht uns nicht darum, alle Kinder zu Programmier*innen zu machen, sondern individuelle Zugänge zu ermöglichen, um Digitalität als aktives Werkzeug nutzen zu können.“

Nichtwissen aushalten

Eine häufige Kritik gegenüber dem 4K-Modell des Lernens lautet, dass die Lerninhalte beliebig werden. Dabei soll es keineswegs die klassischen Inhalte der Curricula ersetzen; vielmehr kommt es heute zunehmend auf die Art und Weise der Vermittlung an. „Und da ist auch die Rolle der Lehrer*innen gefragt, die es aushalten müssen, die richtigen Antworten auch mal nicht zu kennen und sich stattdessen auf einen ergebnisoffenen Prozess einzulassen.“ Das mache das Lernen auch viel spannender für alle Beteiligten. Gleichzeitig sei dies eine große Herausforderung für Lehrkräfte, die im System Schule mit seinen festen Strukturen und Stundenplänen erst einmal den nötigen Raum für Kreativität und andere Lernprozesse schaffen müssten.

Kritiker*innen des 4K-Modells befürchten auch eine Einflussnahme von Bildungslobbyist*innen aus der freien Wirtschaft. Bei dem Konzept gehe es jedoch zunächst einmal um eine inhaltliche Auseinandersetzung, sagt Engelbrecht: „Lehrer*innen sind sicherlich nicht daran interessiert, den Umsatz von Unternehmen zu steigern.“ Bildung sei zwar auch ein Wirtschaftszweig, was jedoch nicht zu einer pauschalen Ablehnung innovativer Konzepte führen sollte. „Um gesellschaftliche Veränderungsprozesse anzustoßen, muss man sehr viele Parteien, gegensätzliche Interessen und verschiedene Blickwinkel zusammenbringen.“

Was kommt nach 4K?

Trotzdem solle man nicht vergessen, dass die Anfänge des 4K-Modells in die 1980er Jahre zurückreichen. Angesichts des dynamischen kulturellen Wandels stelle sich die Frage der Aktualität: „Von heute aus betrachtet kann ich mir vorstellen, dass neue Facetten zu den 4K hinzukommen. Kollaboration könnte in Richtung nicht-menschlicher Akteure weitergedacht werden, etwa als ein gemeinsames Lernen mit Künstlicher Intelligenz“, so Engelbrecht. Auch die Auslegung der einzelnen Kompetenzen müsse immer wieder überprüft werden. Ein Beispiel sei der Kreativitätsbegriff: „Was wir unter Kreativität verstehen, hat auch viel mit einem gesellschaftlichen Idealbild zu tun“, sagt Engelbrecht. „Vielleicht merken wir, dass wir dabei teilweise einer neoliberalen Idee auf den Leim gegangen sind. Statt Fragen wie ‘Was bringt mein Startup voran und wie entwickle ich meine Firma kreativ weiter?‘ könnte auch die Überlegung ‘Wie wollen wir zusammen leben und arbeiten?‘ im Vordergrund stehen. Das wäre zumindest mein Wunsch.“ ­­­

[1] https://shiftingschool.wordpress.com/2017/02/17/kritisch-denken-lernen-fuer-alle-kern-der-literacy-von-heute-und-morgen/

[2] https://prezi.com/ys9g0sh5tvys/verlust-und-neugewinn-lernen-und-lehren-im-medienumbruch/

Autor*in

Ludmilla Ostermann